KI-Krise? Riesen-Rückstand auf die Konkurrenz von OpenAI, Google oder Perplexity? Keine Spur von einer zukunftsfähigen Siri mit Künstlicher Intelligenz?
Von diesen unerfreulichen Themen war auf Apples WWDC-Keynote am Montagabend wenig zu hören und zu spüren. Ein pflichtgemäßer Hinweis von Softwarechef Craig Federighi zu Beginn, dass Apple Intelligence wohl erst nächstes Jahr die „hohen Qualitätsansprüche erfüllt“ – das war’s.
Ansonsten waren die aktualisierten Software-Plattformen mit der Nummer 26 so „awesome“ und „stunning“ wie gewohnt. Apple setzte auf „Mia san mia“ und feierte seine KI-Krise weg. Ihr könnt also schon mal die Tage bis zur WWDC 2026 zählen.
Enttäuschend oder exzellent?
Ob das reicht, um die Zeit zu überbrücken, bis Apple Intelligence mit wirklich überzeugenden Funktionen am Start steht – darüber sind sich die Beobachter uneinig. „Apple zeigt wenig KI und viel Glas“, kritisiert der Spiegel. Die Bild wettert sogar: „Echt jetzt, Apple? Liquid Glass und Fenster fürs iPad: das hat wirklich weh getan, euch zuzusehen, Apple!“
Mark Gurman sieht es positiver
Excellent WWDC: Cohesive story, deep integration and continuity across the devices, zero false promises, impressive new UI and significant new productivity features on the Mac and iPad. But the lack of any real new AI features, despite that being my expectation, is startling.
— Mark Gurman (@markgurman) June 9, 2025
Bloombergs Apple-Guru Mark Gurman sieht es längst nicht so negativ. Er twittert bzw. x-t: „Hervorragende WWDC: Eine schlüssige Geschichte, tiefe Integration und Kontinuität über alle Geräte hinweg, keine falschen Versprechungen, eine beeindruckende neue Benutzeroberfläche und bedeutende neue Produktivitätsfunktionen auf dem Mac und iPad. Aber das Fehlen echter neuer KI-Funktionen, obwohl ich das erwartet hatte, ist überraschend.“
Transparenz – zumindest beim Design
Wenn es schon beim Thema KI wenig Transparenz gibt, setzt Apple zumindest mit dem neuen „Liquid Glass“-Design auf Transparenz wie einst Gorbatschow auf Glasnost. Das wirkt ein wenig wie ein Ablenkungsmanöver von den KI-Problemen, bringt aber endlich ein einheitliches Design über alle Plattformen hinweg und frischen Wind auf iPhone, iPad, Mac, Watch und Apple TV.
iOS 26: Bitte noch nicht laden!
Wie sich das neue Design im Alltag bewährt, bleibt abzuwarten. Viel Transparenz, wenig Kontraste – in der ersten Entwicklerbeta bleibt Apple noch viel Arbeit. Die solltet Ihr übrigens keinesfalls auf Euer iPhone laden. Wir dürfen nochmal Mark Gurman zitieren: „Das ist die fehlerhafteste Beta-Version 1 seit 12 Jahren“, also seit dem Start von iOS 7.
Apple just innovated "Aero Glass" from Windows Vista, and it's called Liquid Glass 🤨 #WWDC25 pic.twitter.com/YG0HoveIrm
— Windows Latest (@WindowsLatest) June 9, 2025
Windows Vista ist zurück
Dass sich Apple beim „Aero Glass“-Design des längst verblichenen Windows Vista von 2006 bedient – und damit bei einem Look, den Microsoft längst wieder begraben hat – wirkt jedenfalls einigermaßen kurios und ein Stück weit hilflos.
Dazu kommt, dass sich Apple am „visionOS“ seiner bisher gefloppten Datenbrille Vision Pro orientiert, das kaum ein Kunde je selbst gesehen hat. Auf dem Headset macht das durchscheinende Design Sinn, weil man die reale Welt dahinter noch sehen soll. Doch am iPhone-Bildschirm ist der Hintergrund keine reale Welt. „Liquid Glass“ hat also vielversprechende Ansätze, lässt aber noch viele Fragen offen.
Viel Nützliches…
Ansonsten hat uns Apple auf der WWDC-Keynote wie gewohnt mit Neuheiten bombardiert, die kaum zu überblicken sind. Vieles wirkt sinnvoll, zum Beispiel die Live-Übersetzungen von Telefongesprächen, der Wartenschleifen-Assistent oder das (endlich!) verbesserte Multitasking und Dateimanagement auf dem iPad.
Die GameCenter-Ablösung war längst überfällig. Das Öffnen von Apple Intelligence für Entwickler könnte der KI einen Schub verleihen wie einst der App Store dem iPhone. Und das KI-Batteriemanagement sorgt hoffentlich für längere Akku-Laufzeiten auf allen Geräten. Hier hat Apple einiges richtig gemacht.
…und viel Überflüssiges
Der viele Schnickschnack, an dem die Apple-Entwickler gebastelt haben, wird die KI-Krise nicht lösen – könnte aber zumindest den einen oder anderen Nutzer freuen. Wenn die Kamera-Linse schmutzig ist, zeigt das iPhone jetzt eine Warnung an. Der Schlummer-Alarm ist flexibler als die altbewährten neun Minuten. Und wenn Ihr mit der Watch ein Fitnessstudio betretet, bekommt Ihr einen Hinweis, dass Ihr mit dem Training anfangen könnt. Ach was!
Das Problem mit Apple Intelligence
Ein Grundproblem bleibt: Je mehr Apple die KI für jede Menge Funktionen in seine Betriebssysteme integriert, desto mehr bleiben Nutzer zurück, auf deren Geräten Apple Intelligence nicht läuft. Und das sind keine Uralt-Devices, sondern alle iPhones bis hin zum iPhone 15 und 15 Plus von 2023.
Datenschutz und Privatsphäre in allen Ehren – aber dass geschätzte 85 Prozent der iPhones da draußen all die hübschen Funktionen gar nicht beherrschen, die Apple auf der Keynote vorgezeigt hat, ist ein Unding. Zumal ChatGPT oder Perplexity zeigen, dass aufwändige KI natürlich auch auf älteren iPhones problemlos laufen kann.
🚨One thing is clear from WWDC 2025:
If Sam Altman & Jony Ive plays this right, it could be the blackberry moment for Apple 🍎 pic.twitter.com/6F4QcZJq3H
— Nakshatra Sain (@nakshlife) June 9, 2025
Fazit: And the Winner is… Jony Ive?
Trotz vieler sinnvoller neuer Funktionen war die Keynote zur WWDC 2025 nicht der kraftvolle Aufbruch in die Zukunft, den Apple bräuchte. Unmittelbar Sorgen um die nächsten ein, zwei Jahre muss sich der Gigant sicherlich nicht machen – dazu ist das Ökosystem aus Hard- und Software zu stark.
Aber beim Zukunftsthema Künstliche Intelligenz sind die Fragezeichen nach der Keynote eher noch größer. Wie sieht die Welt 2028, 2030, 2032 aus? Hat Apple die notwendige Kraft und die Ideen, auch dann noch an der Spitze zu stehen?
Da sind Zweifel erlaubt. Und die Gewinner der WWDC 2025 könnten nicht die Nutzerinnen und Nutzer von Apple gewesen sein – sondern OpenAI-Chef Sam Altman und sein neuer Design-Guru Jony Ive, die mit ihren Ideen tatsächlich neue Wege gehen und die Welt verändern wollen. So wie früher Apple.
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